Bei der Durchführung von Stilllegung und Abbau von Kernkraftwerken ist die Entsorgung des Kernbrennstoffs als vorrangig einzuordnen.
Zum Zeitpunkt der Abschaltung der KKW-Blöcke befanden sich am Standort Lubmin in den Kernkraftwerksblöcken 1-5 und dem Zwischenlager für abgebrannten Brennstoff insgesamt 5037 bestrahlte Brennelemente. Im KKW Greifswald waren zusätzlich noch 860 unbestrahlte Brennelemente vorhanden. 235 nur teilweise abgebrannte Brennelemente aus dem Block 5 konnten an ein typgleiches Kernkraftwerk in Ungarn verkauft werden. Der Verkauf des gesamten unbestrahlten und nur teilweise abgebrannten Kernbrennstoffs war 1996 abgeschlossen.
Da ein Endlager für diese Materialien in Deutschland - damals wie heute nicht zur Verfügung steht, bleibt nur der Weg über die Zwischenlagerung in dafür geeigneten Transport- und Lagerbehältern Typ CASTOR® und deren Unterbringung in einem Zwischenlager.
Mit der Erteilung der Genehmigung zur Einlagerung von abgebranntem Kernbrennstoff in das Transportbehälterlager des ZLN am 05.11.1999 durch das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) konnte die Entsorgung des Kernbrennstoffes der Kraftwerksanlagen in Greifswald und Rheinsberg im vorgesehenen Umfang begonnen werden.
Am 21. Mai 2006 wurde der letzte CASTOR®-Behälter mit Kernbrennstoff der EWN wird aus dem Block 3 ins ZLN gebracht. Gegenwärtig befinden sich 74 CASTOR®-Behälter im ZLN, davon 65 aus den Kernkraftwerken Greifswald (61) und Rheinsberg (4).
Weitere Informationen zum ZLN finden Sie hier.
Vor Abbaubeginn sind alle Anlagen im Überwachungsbereich radiologisch bewertet und in kontaminationsfreie Anlagen und solche, bei denen der Verdacht auf Kontamination besteht, eingeteilt worden.
Alle Anlagen und Systeme, die als kontaminationsfrei eingestuft worden waren, wurden als ganze Komponenten ausgebaut, aus dem Maschinenhaus auf die Schrottplätze der EWN transportiert und dort mit handelsüblichen Maschinen zerlegt.
Die Anlagen, bei denen der Verdacht auf Kontamination bestand, wurden innerhalb des Maschinenhauses mit industriell gebräuchlicher Technik demontiert; schwer zugängliche Systeme wurden mit Hilfe thermischer Trennverfahren ausgebaut und teilweise schon vor Ort zerlegt.
Demontierte Großteile und Komponenten, die noch zerkleinert werden mussten, wurden auf Zerlegeplätze innerhalb des Maschinenhauses gebracht und dort zerlegt. Ein Zerlegeplatz ist ein abgetrennter Bereich, der mit Absauganlagen und dazugehörigen Filtern ausgestattet ist.
Die bei der Zerlegung entstandenen Teile wurden radiologisch vorkontrolliert und verpackt. Danach wurden sie in der Freimessanlage gemessen und konnten nach Freigabe durch die Behörde konventionell entsorgt werden
Nachdem die Anlagen des Maschinenhauses demontiert worden waren, wurden die Betonstrukturen innerhalb der Halle zurückbebaut. Es erfolgte die Freigabe der Behörde zur Nachnutzung des Maschinenhauses.
Nach Freigabe des jeweiligen Abbauumfanges durch die Behörde werden zuerst Kabel, E-Motoren sowie leittechnische Einrichtungen abgebaut und danach die Wärmeisolierungen entfernt. Der Abbau erfolgt mit handelsüblichen, manuell geführten und erprobten Geräten unter Beachtung des Strahlenschutzes.
Der Abbau der kontaminierten Anlagenteile erfolgt grundsätzlich raumweise von Anlagenbereichen mit niederem zu Bereichen mit höherem Kontaminationsniveau.
Zu Beginn der Stilllegung und Demontage erfolgte eine radiologische Bewertung der Anlagenteile und der Demontageorte. Zur Reduzierung der Dosisbelastung des Personals werden bei Bedarf Maßnahmen getroffen: Dekontamination, Entfernen von Hot-Spots oder das Aufstellen von Abschirmungen.
Die demontierten und zerlegten Anlagenteile werden an verschiedenen Orten weiterbehandelt. Sie werden auf Zerlegeplätzen im Reaktorgebäude zerlegt, als große Bauteile oder in Containern im Zwischenlager eingelagert oder gleich in die Zentrale aktive Werkstatt zur Zerlegung und Dekontamination gebracht.
Im Kontrollbereich der Reaktorblöcke ist die Anlagendemontage sehr weit fortgeschritten. Die letzte Großkomponente wurde 2013 in das ZLN gebracht. Zurzeit werden in den Reaktorgebäuden nach Errichtung von Ersatzmaßnahmen die Restbetriebssysteme wie Lüftung und E-Technik außer Betrieb genommen und demontiert. Im Gemeinsamen Spezialgebäude läuft zurzeit die Anlagendemontage, in anderen Bereichen die Gebäudedekontamination.
Aktivierte Bauteile sind nicht nur oberflächlich kontaminiert, sondern senden selbst ionisierende Strahlung aus. Zu diesen Bauteilen gehören die Reaktoren der Blöcke 1 bis 5 mit ihren jeweiligen Baugruppen. Diese Baugruppen wurden, während das Kernkraftwerk in Betrieb war, durch Neutronenstrahlung so stark aktiviert, dass sie nicht wie andere Teile manuell demontiert und zerlegt werden können. Man kann sie nur fernhantiert oder fernbedient mit Hilfe von Manipulatoren zerlegen und benötigt dazu Abschirmungen aus Beton, Stahl oder Wasser. Die Arbeiten werden mit Hilfe von Videotechnik überwacht.
Die Zerlegestrategie
Die Zerlegestrategie, d.h. die Zerlegung der Reaktorbaugruppen in Segmente und ihre Verpackung in Container für eine anschließende Zwischen- und Abklinglagerung, wurde in einer Modelldemontage im Zeitraum von 1999 bis 2003 getestet, d.h. es wurden alle Schritte und Abläufe an nichtaktivierten Baugruppen der nicht fertiggestellten Blöcke 7 und 8 erprobt.
Von August 2004 bis Juli 2007 wurden die Reaktordruckgefäßeinbauten der Blöcke 1 und 2 (Kassettenkorb, Schutzrohrblock, Reaktorschacht mit Schachtboden) fernbedient zerlegt und verpackt. Hierfür wurden zwei Zerlegeplätze eingerichtet - ein sogenannter Nass- und ein Trockenzerlegeplatz.
Auf dem Trockenzerlegeplatz wurden geringer aktivierte Teile der Reaktoreinbauten unter einer Schutzeinhausung zerkleinert und verpackt.
Der Nasszerlegplatz wurde für höher aktivierte Teile der Reaktoreinbauten genutzt. Diese wurden in einem speziellen Becken mit Manipulatoren unter Wasser zerlegt, verpackt und dann unter einer Abschirmglocke bis zum vorgesehenen Container für die Zwischenlagerung transportiert.
Auf beiden Zerlegeplätzen wurden thermische und mechanische Trennwerkzeuge verwendet. Hauptsächlich wurden Plasmabrenner und Bandsägen benutzt. Nach Zerlegung und Verpackung wurden die befüllten Container ins ZLN gebracht. Die Bauteile werden dort zwischengelagert bis sie in ein Endlager überführt werden können.
Die Großkomponentenstrategie bei der Demontage der aktivierten Bauteile, d.h. der Transport der Reaktorbaugruppen unzerlegt als Großkomponenten mit entsprechenden Abschirmungen in das am Standort befindliche ZLN, wurde im Oktober 1999 mit dem Transport des unbenutzten nichtaktivierten Reaktordruckgefäßes des Blocks 8 zum ZLN erstmals getestet und im Dezember 2003 wurde dann das aktivierte Druckgefäß des Blocks 5 im ZLN eingelagert.
Diese Vorgehensweise erwies sich im Vergleich mit der ursprünglichen Zerlegestrategie als vorteilhafter, da die Großkomponenten zunächst im Zwischenlager abklingen und ein Teil dieser Bauteile später ohne besondere Strahlenschutzmaßnahmen manuell zerlegt werden kann. Deshalb hat die EWN GmbH entschieden, die Reaktordruckgefäße der Blöcke 1 bis 4, den Reaktordruckbehälter des KKR und auch die Reaktoreinbauten der Blöcke 3 bis 5 als Großkomponenten zur Abklinglagerung ins ZLN zu transportieren und später zu zerlegen.
Für die Transporte und bei der Einlagerung der Reaktordruckgefäße ist nur eine partielle Abschirmung nötig. Die Einbauten werden dagegen komplett in spezielle Abschirm- und Transportvorrichtungen verpackt und so ins Zwischenlager gebracht. Diese Arbeiten wurden im Zeitraum von 2006 bis Ende 2009 durchgeführt.
Die Reaktorisoliergefäße und die Ringwasserbehälter wurden, nachdem die Reaktordruckgefäße ausgebaut worden waren, aus ihrer ursprünglichen Position heraus demontiert.
Zuerst wurde das Reaktorisoliergefäß manuell demontiert und anschließend der Ringwasserbehälter fernhantiert abgebaut. Die Zerlegung erfolgte komplett unter einer Schutzeinhausung mit einer Seilsäge mit Diamantschneidtechnik.
Vorher waren die Behälter aus Strahlenschutzgründen mit Beton vergossen worden. Die geschnittenen Segmente wurden danach in spezielle Container verpackt und ebenfalls ins ZLN zur Abklinglagerung transportiert. Die Demontage dieser Reaktorbaugruppen wurde im Jahr 2008 begonnen und im Frühjahr 2011 abgeschlossen.